Durchaus unterschiedliche Schlussfolgerungen

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Reaktion auf die AKL-Stellungnahme zum Ausgang der Landtagswahlen in Brandenburg und Thüringen

Mit der Form und teilweise auch mit dem Inhalt der Stellungnahme des AKL-Bundessprecher/innen-Rates (AKL-BSPR) zu den Landtagswahlen in Brandenburg und Thüringen hat sich unserer Ansicht nach der AKL-Bundessprecher/innenrat und damit auch die AKL ins Abseits manövriert. Diese Stellungnahme ist der Endpunkt einer schon länger laufenden Entwicklung, in der die Politik der BAG AKL in Stil und Inhalt immer weiter verändert wurden, einige von uns hatten und haben sich deshalb auch zunehmend kaum mehr an der internen Debatte der BAG AKL beteiligt.

Das Problem mit dieser Stellungnahme des AKL-BSPR besteht unserer Ansicht nach auf zwei Ebenen:

– Die Form der Stellungnahme ist unserer Ansicht nach völlig falsch personalisiert und innerparteilich unsolidarisch, das ist und war nie unser Stil. Wir wollen eine grundsätzlich solidarische Kultur der Debatte innerhalb der LINKEN. Diese Stellungnahme ist von ihrer Wirkung her nicht links sondern kontraproduktiv, weil sie schon rein sprachlich eher abschreckt, anstatt zur Auseinandersetzung mit den politischen Inhalten einzuladen. Wer innerparteiliche Anpassungsprozesse verhindern will, leistet mit solch einer Stellungnahme diesem Anliegen einen Bärendienst.

– Zweitens legt der Inhalt der Stellungnahme die AKL de facto fest auf eine generelle Ablehnung von Regierungsbeteiligungen (auch auf Landesebene) ohne inhaltliche Kriterien zu benennen. Wir stehen nach wie vor zum (ursprünglichen) Gründungskonsens der AKL von 2006, mögliche Regierungsbeteiligungen entsprechend der jeweiligen politischen Inhalte zu bewerten (Stichwort: Rote Haltelinien).

Wir sind uns durchaus bewusst, dass diese beiden Probleme der Stellungnahme, die wir benennen, von unterschiedlichen Akteuren innerhalb des derzeitigen AKL-Sprecherinnenkreises geprägt wurden und werden.

Die bisherige und wahrscheinlich auch zukünftige Regierungsbeteiligung der LINKEN in Brandenburg und die mögliche Regierungsbeteiligung der LINKEN in Thüringen bewerten wir also anhand (vereinbarter) politischer Inhalte. Und da kommen wir zu durchaus unterschiedlichen Schlussfolgerungen.

In aller Kürze, ohne hier eine eingehende Analyse vorzulegen:

Die Halbierung der Stimmen der LINKEN in Brandenburg, der Verlust ganzer Milieus als Wähler/innen hat durchaus etwas mit der Politik der LINKEN in der Landesregierung in Brandenburg zu tun. Neben dem Problem, dass Landespartei, Landtagsfraktion und Minister/innen zu wenig durchaus mögliche unterschiedliche Rollen eingenommen haben, konnte in Brandenburg auch kein zentrales politisches Projekt der LINKEN in der Landesregierung festgestellt werden. Nicht nur im Themenbereich Braunkohle-Abbau sondern auch in anderen zentralen landespolitischen Themenbereichen (Bildung, Inneres) war eine inhaltliche Unterscheidung der LINKEN (in der Landesregierung) von der SPD entweder nicht vorhanden oder nicht wahrnehmbar. Parallel zur Beurteilung der Entscheidungen im Landtag müssen wir auch die Frage nach dem Zustand der Landespartei stellen – wie sieht das Aufbaukonzept aus, wie aktiv ist die Basis, wie breit wurde der Wahlkampf getragen und wie geht die Partei mit innerparteilichen KritikerInnen um? Auch diese Aspekte sind unserer Meinung nach für ein Wahlergebnis relevant.

In Thüringen war das Ergebnis der LINKEN ein Erfolg. Auch für Thüringen gilt, dass inhaltliche Kriterien eine Rolle spielen müssen, ob DIE LINKE Teil einer Landesregierung werden soll oder nicht. Wir sind skeptisch, ob es gelingt oder gelingen könnte klare LINKE Akzente in einer thüringischen Landesregierung zu setzen, nichtsdestotrotz, der Versuch ist es aber wert, dieses auszuloten. Thematisch sind uns insbesondere auch Fragen wie eine völlig andere Flüchtlingspolitik, eine andere Polizeipolitik, die Abschaffung von Geheimdiensten und eine Absage an eine Politik des Freihandels (Stichwort TTIP) wichtig. Hier haben SPD oder Grüne gerade jeweils aktuell schlimme Entscheidungen getroffen, hier muss DIE LINKE Thüringen hart verhandeln. Wenn sich in den Sondierungsgesprächen heraustellt, dass es keine Bereitschaft zu einem grundlegenden Politikwechsel gibt, muss erkennbar sein, dass dieser nicht an der LINKEN, sondern an der SPD und/oder den GRÜNEN scheiterte. Dafür jedoch muss es aber erst einmal Gespräche gegeben haben.

Die problematischen Grundbedingungen LINKER Regierungsbeteiligung bleiben – grundsätzlich und konkret. Grundsätzlich ist oder wird es schwierig, unterhalb einer Bundesregierung, die auf neoliberale Wirtschafts- und Kriegspolitik setzt, ein Bundesland LINKS mitzuregieren. Eine LINKE an einer Landesregierung wäre nur ein Teil einer Landesregierung und damit eingebunden, notwendiger Protest und Widerstand in der Politik der LINKEN darf damit nicht wegfallen. Und konkret ist es nicht ohne, Teil einer Landessregierung zu sein, in Zeiten eines neoliberalen Sozialabbaus und eingeschränkter Landeshaushalte. Die Debatte, ob und unter welchen Bedingungen DIE LINKE sich an Landesregierungen in Thüringen und Brandenburg beteiligt, sollte also innerparteilich solidarisch geführt werden, in den jeweiligen Landesverbänden entschieden werden und vor allem nach klaren inhaltlichen Kriterien erfolgen.

Wir halten es darüberhinaus für sinnvoll und absolut notwendig, eine breite Debatte in der LINKEN und darüber hinaus zu führen über Regierungsbeteiligungen von und Tolerierungen durch Linksparteien, nicht nur in Deutschland, sondern mindestens auch in Europa und zu analysieren, wann und wodurch die Wahlergebnisse nach einer Legislatur der Beteiligung oder Tolerierung (zumeist) negativ beeinflusst wurden und wann (doch) nicht.

Michael Aggelidis
Karin Binder
Elwis Capece
Nina Eumann
Sylvia Gabelmann
Claudia Haydt
Andrej Hunko
Christian Leye
Niema Movassat
Tobias Pflüger
Sascha Wagner
Wolfgang Zimmermann

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