TISA – Fairhandeln geht anders

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Die Gefährdung der Demokratie. Von Ingrid Jost

Während einzelne Details zu den Freihandelsabkommen TTIP und CETA bereits zu recht zu Empörung und Widerstand geführt haben, sind die Fakten von dem Dienstleistungs-abkommen TISA (Trade in Services Agreement) noch weitgehend unbekannt. Recherchen von WikiLeaks, NDR, WDR und der Süddeutschen Zeitung förderten zutage, was jenen, die noch an die Demokratie glauben, nur die Haare zu Berge stehen lassen kann. Zunächst einmal die Geheimhaltungsfrist von fünf Jahren, für die Verhandlungen, die bereits seit Juni 2013 hinter verschlossenen Türen zwischen den USA, der EU und 22 weiteren Staaten geführt werden.

Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf“ (Johann Wolfgang von Goethe)

Die Verhandlungspartner nennen sich „really good friends of services“ d.h. „sehr gute Freunde von Dienstleistungen“, die ihre Verhandlungen ohne die Welthandelsorganisation WTO führen, wegen des Widerstands und der Bedenken einiger Entwicklungs- bzw. Schwellenländer.  Wünschenswert wären auch die Bedenken hochentwickelter Länder, weil durch die Stillstands- und Ratchet-Klauseln, die in TISA verankert werden sollen,  einmal durchgeführten  Privatisierungen von öffentlichen Dienstleistungen nicht mehr umkehrbar sind, weder durch einen Regierungswechsel,  noch durch besseres Wissen über mögliche Spätfolgen. Hier sollen Fakten geschaffen werden, auf die die Öffentlichkeit keinen Einfluss hat. Internationale Konzerne wie die Deutsche Post, die Deutsche Telekom, Siemens, ebenso der US-Konzern Walmart u.a. begrüßen die Verhandlungen, die alle Markthemmnisse beseitigen, für das grenzenlose Wachstum der Märkte, jenseits von sozialer Verantwortung und Lebensqualität. TISA ist ein Angriff auf die Demokratie, der mit größter Entschlossenheit abgewehrt werden muss.

Die Gefährdung der öffentlichen Daseinsfürsorge

  • Sonderregelungen auf dem deutschen Finanzmarkt sollen aufgehoben werden, d.h. die Sparkassen, die als öffentlich rechtliche Anstalten keine Gewinne erwirtschaften dürfen und deshalb zahlreiche kulturelle und soziale Projekte in Gemeinden fördern, wären dann ausländischen Banken gleichgestellt. Sparkassen würden dann nicht mehr als willkommene Sponsoren verschuldeter Haushalte fungieren können. Allein in NRW spendeten die Sparkassen 2013 in NRW 280 Millionen Euro. Es ist wohl nicht zu erwarten, dass ausländische Banken ebenfalls keine Gewinne erwirtschaften dürfen. Statt lautstark gegen TISA zu protestieren, hoffen die Sparkassen noch auf eine Aufnahme in die sogenannte Negativliste, die sie vor der Liberalisierung bewahrt.

 

  • Die Abfallentsorgung, der öffentliche Nahverkehr, die Stromversorgung, das Gesundheitswesen und die Bildung sind ebenfalls in Gefahr, falls die Liberalisierung der Dienstleistungen mit TISA erfolgreich durchgesetzt werden kann. Die soziale Komponente der Preisbildung wäre ausgehebelt, wenn die öffentliche Daseinsfürsorge aufgegeben und nur noch Markt, Wettbewerb und Profite eine Rolle spielen. Im Bereich der Bildung befinden sich bereits zahlreiche Einrichtungen in privater Trägerschaft. Im Gesundheitssektor sind  viele Krankenhäuser teilprivatisiert oder völlig in privater Hand. Die weitere Ausdehnung des privaten Sektors ist vorhersehbar.

 

  • Die erfolgreich bekämpfte Trinkwasserprivatisierung wird mit TISA durch die Hintertür erneut zum Thema.  Noch gehören das Rettungswesen und die Feuerwehr zur öffentlichen Daseinsfürsorge, doch auch dafür gibt es keine Garantie, dass es so bleibt. Neue Dienstleistungen, die entstehen, sollen sofort privatisiert werden und gar nicht erst zur öffentlichen dazugehören.

 

Die Gefährdung erkämpfter Sozial- und Arbeitsstandards

 

Ausländische Investoren sollen inländischen gleichgestellt werden und möglicherweise ebenfalls staatliche Subventionen erhalten können. Als ausländische Dienstleister dürfen sie ihre Arbeitskräfte aus dem Herkunftsland mitbringen.  Diese können dann nach den Lohnregelungen des Herkunftslandes bezahlt werden, was zu einer gravierenden Verschlechterung der Arbeitsbedingungen der Wanderarbeiter_innen führen wird. Das erfolgreich abgeschaffte Herkunftslandprinzip soll auch hier erneut eingeführt werden. Nach Ablauf des Vertrages müssen die Arbeitnehmer_innen das entsprechende Land wieder verlassen.  Hier wird die Arbeit grenzüberschreitend zur Ware, die möglichst profitorientiert für die Investoren verrichtet werden soll von zunehmend rechtloseren Arbeitnehmer_innen. Auch wenn der Niedriglohnsektor mit ca. 25%  bereits jetzt ungeheure Ausmaße in unserem Land angenommen hat, so ist TISA ein Abkommen, welches einen weiteren Ausbau möglich macht. In der öffentlichen Daseinsfürsorge spielt die soziale Komponente bei der Preisbildung eine Rolle, bei privaten Dienstleistungen geht es um den größtmöglichen Profit für die Investoren, der im schärfer werdenden Wettbewerb über die Senkung von Löhnen und Sozialstandards und über höhere Preise reguliert werden kann.

Wer morgen nicht in der Kapitaldiktatur aufwachen will, sollte TTIP, CETA und TISA heute verhindern.

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