Bericht zur Videokonferenz des Parteivorstandes der LINKEN vom 23.01.2021

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Von Thies Gleiss, Mitglied des Bundessprecher*innenrates der Antikapitalistischen Linken im PV

 

Parteitag – Vermögensabgabe – Corona-Krise

 

Am 23. Januar 2021 tagte der Parteivorstand einmal mehr als Videokonferenz.

An der Sitzung nahmen bis zu 31 der gewählten PV-Mitglieder teil.

Zur Beratung vorliegender Anträge waren Mitglieder der BAG Cuba Si, der BAG Netzpolitik als Gäste anwesend. Zum Tagesordnungspunkt „Vermögensabgabe“ waren Fabio De Masi und Jörg Cezanne von der Bundestagsfraktion als Gastreferenten anwesend.

Lucy Redler war aus familiären Gründen auf der Sitzung nicht anwesend, deshalb kommt der dieser Bericht nur von Thies Gleiss.

Alle Beschlüsse und Vorlagen sind auf der Website der LINKEN in Kürze nachzulesen: https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/parteivorstand/2018-2020/beschluesse/

Bundesparteitag 26./27. Februar 2021

 

Aufgrund der verschärften Corona-Auflagen in verschiedenen Bundesländern beschloss der PV, dass der gesamte Bundesparteitag als Online-Parteitag durchgeführt wird.

In Berlin werden sich am 26./27.2.2021 nur die PV-Mitglieder und die Kandidierenden zu den geplanten Wahlen versammeln – sofern nicht persönliche Gründe dem widersprechen. Sie können dort unter annähernd gleichen Bedingungen ihre Reden und Bewerbungsreden halten.

Die Debatte und Wahlen werden dann online stattfinden und als Stream zu verfolgen sein. Also genügend Popcorn und anderes Futter zuhause bereitlegen.

Die Ergebnisse der Wahlen werden unmittelbar nach Abschluss des Online-Parteitages per Briefwahl bestätigt (ähnlich der Wahlen beim jüngsten CDU-Parteitag, nur ohne Merz als Kandidaten). Erst dann ist die Wahl rechtswirksam abgeschlossen.

So ganz klar wurde in der Debatte und Abstimmung nicht, ob die Briefwahl nur über die gesamte Liste der Gewählten oder über jede Einzelwahl erfolgen soll. Das muss noch präzisiert werden.

Der Organisationsstab des Parteitages und der Bundesgeschäftsführer empfahlen dringend, als technische Mindestausrüstung einen PC oder Laptop sowie schnelles und stabiles Internet bereitzustellen (also lieber nicht Handy oder Tablet). Dabei wird gegebenenfalls geholfen.

Ein Antrag des Bundesausschusses, dass Bundesausschuss, Ältestenrat und Jugendverband einen Ergänzungsbericht zu ihren vorliegenden Berichten mündlich auf dem Parteitag halten können, wurde aus Zeitgründen abgelehnt. Berichte sollen nur schriftlich eingereicht werden.

Über das Antragspaket aus Änderungsanträgen zum Leitantrag, sonstigen Anträgen und Änderungsanträgen wird der PV auf seiner Sitzung am 13./14. Februar 2021 beraten und die Positionen des PV dazu festlegen.

Vermögensabgabe, Vermögenssteuer und die aktuellen Forderungen der LINKEN

 

Fabio De Masi, Jörg Cezanne und Bernd Riexinger informierten über die aktuelle Forderung der LINKEN nach einer Vermögensabgabe, die bei den Reichen in diesem Lande erhoben wird und mit einer Laufzeit von 30 Jahren eingezogen werden soll. Dieser besondere Solidaritätsbeitrag der Reichen wird gerne vermengt mit der schon lange von der LINKEN geforderten Wiedereinführung der Vermögenssteuer.

Über die Vermögenssteuer wird gegenwärtig in der Bundestagsfraktion (und jetzt auch im PV) bezüglich ihrer Höhe beziehungsweise eine mögliche Staffelung (von 1 bis 5 Prozent) diskutiert.

Thies Gleiss betonte in der Debatte, dass in der LINKEN leider immer mehr eine Verschiebung in dieser Debatte in Richtung „mit dem Kapitalismus vereinbare und versöhnbare Wirtschaftsmaßnahmen“ erfolgt. Der eigentliche politische Kern unserer Umverteilungsforderungen, dass die herrschende Klasse der Reichen enteignet und die breite Mehrheit der Bevölkerung Reichtümer, die ihr geraubt wurden, zurückerhält, wird ökonomistisch verdrängt. Diese Entwicklung muss umgekehrt werden.

Die Debatte wird fortgesetzt werden müssen.

Sonstige Beschlüsse

 

– Der PV beschloss einen neuen Rahmenplan zu Fortsetzung der Kampagnen zu Pflege und Gesundheit sowie zu Mieten- und Wohnungspolitik.

– Der PV beschloss die Unterstützung bei der Anschaffung eines „Kommunalmobils“, das zur Unterstützung von Wahlkämpfen, Hausbesuchen und Organizing vor Ort, vor allem im ländlichen Raum eingesetzt werden kann.

– Nach längerer Diskussion nahm der PV eine Solidaritätsresolution mit Kuba an, in der gegen die verschärften Sanktionsmaßnahmen gegenüber Kuba durch die USA und die Einordnung der kubanischen Regierung als Terrororganisation protestiert wird. Die LINKE unterstützt die Kampagne gegen die Blockade Kubas. Wegen verschiedener Beeinträchtigungen der politischen Arbeit von oppositionellen Kräften in Kuba ruft die LINKE zu einer dialogischen Konfliktlösung auf.

– Ein Antrag zur Fortsetzung der Finanzierung der Arbeit von Cuba Si wurde vertagt bis noch offene Fragen mit dem Bundesschatzmeister geklärt werden konnten.

– Ein Antrag zur Durchführung eines Aktionstages mit entsprechenden Publikationen unter dem Titel „Her mit dem ganzen Leben“ am diesjährigen 8. März Frauenkampftag wurde angenommen.

– Die Entnahme von Finanzmitteln aus dem Wahlkampffonds zur Finanzierung des Wahlkampfes in Sachsen-Anhalt wurde gebilligt.

– Mit einer Präsentation über neueste Umfragen unter unseren Mitgliedern und Wähler*innen sowie einem schriftlichen Bericht zur Mitgliederentwicklung 2020 wurde das letzte Quartal 2020 und das gesamte letzte Jahr bilanziert. Die Mitgliederzahl ist leicht zurückgegangen, im Osten mehr als im Westen. Es sind die schon mehrfach aufgelisteten Symptome erkennbar: Viele Neueingetretene können nicht in der Partei gehalten werden. Die Ostverbände schrumpfen weiter. Es wurde einvernehmlich angeregt, dem neuen Parteivorstand eine baldige und ausführliche Debatte über die Mitgliederentwicklung zu empfehlen.

Keine Aufweichung der friedenspolitischen Positionen der LINKEN

 

Eine längere Diskussion gab es über einen Antrag von Thies Gleiss aus Anlass der schriftlichen Einladung von Matthias Höhn, über eine Neuausrichtung der Friedens- und Rüstungspolitik der LINKEN zu diskutieren. M.H. hatte dazu in Zusammenarbeit mit dem „Spiegel“ ein Papier erarbeitet, das sofort nach Erscheinen auf heftigen Widerspruch vieler Mitglieder und Strukturen der Partei DIE LINKE stieß und auch öffentlich, insbesondere der Friedensbewegung, auf Kritik traf (oder auf Wohlwollen, bei den politischen Gegner*innen, die eine solche Änderung bei den LINKEN herbeischreiben wollen).

In dem Antrag heißt es:

„Wir stellen daher klar:

  • –  Die Bundeswehr muss aus allen Auslandseinsätzen zurückgeholt werden, neue Auslandseinsätze lehnen wir ebenfalls ab, unabhängig davon unter welcher Organisation sie stattfinden.
  • –  DIE LINKE setzt sich für eine schrittweise Abrüstung der Bundeswehr ein, die kriegsführungsfähigsten Teile sollen zuerst abgerüstet werden. Die Abrüstung ist zu begleiten durch Konversionsprogramme für die Beschäftigten in der Rüstungsproduktion, für die Soldatinnen und Soldaten und für die Liegenschaften der Bundeswehr. Unser Ziel bleibt ein Deutschland, ein Europa, eine Welt ohne Kriege und Armeen.
  • –  Zustimmung zu Aufrüstungsprojekten ist dementsprechend mit der Linken nicht vereinbar.
  • –  Wir fordern die Auflösung der NATO und ihre Ersetzung durch ein kollektives Sicherheitssystem unter Beteiligung Russlands, das Abrüstung als ein zentrales Ziel hat.
  • –  Eine europäische Armee und andere Vorhaben der Militarisierung führen nicht zu mehr Sicherheit für die Menschen in Europa, sondern sichern nur Konzerninteressen militärisch ab.

Unser Ziel bleibt eine friedliche Welt, eine Welt in der Geld für Bildung, Soziales, Gesundheit, Entwicklungshilfe und Forschung ausgegeben wird, nicht fürs Militär.“

Der Antrag wurde einstimmig, bei einer Enthaltung angenommen.

Aktuelle Politik

Die Debatte über die Aktuelle Politik behandelte kurz die Neuwahl des CDU-Vorsitzenden und die Amtseinführung von Joe Biden als 46. Präsident der USA.

Hauptthema war allerdings die Corona-Krise und vor allem die Initiative „ZeroCovid“, die mit dem Anspruch angetreten ist, eine eigene, linke politische Initiative zu eröffnen, die einen „solidarischen Lockdown“ und echte Zurückdrängung der Virus-Pandemie ermöglicht. Hier ist der Aufruf der Initiative: https://zero-covid.org/

Mehrere PV-Mitglieder gehören zu den Erstunterzeichner*innen des Aufrufs „ZeroCovid“, darunter auch Thies Gleiss, andere stehen ihm politisch sehr nahe. Dem gegenüber gibt es aber auch eine Reihe von PV-Mitgliedern, die dem Aufruf mangelnde praktische Umsetzbarkeit und Realitätssinn unterstellen.

Der Aufruf „ZeroCovid“ hat in sehr kurzer Zeit 80.000 Unterschriften gesammelt und es gibt eine Reihe von Gruppen, die mit diesem Aufruf arbeiten. Eine breite Resonanz gab es in fast allen Zeitungen und Fernsehkanälen sowie den digitalen Medien. Die LINKE und der PV werden mit Sicherheit noch häufiger über diese Initiative diskutieren.

Köln 23.01.2021 – Thies Gleiss