Solidarität mit italienischen Aktivist*innen im Kampf gegen Hochgeschwindigkeitsstrecke 73 Jährige Aktivistin zu einem Jahr Gefängnis verurteilt

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Mit Empörung haben wir erfahren, dass in Turin 12 Aktivist*innen der NoTAV-Bewegung gegen den Bau der Hochgeschwindigkeitsstrecke Turin-Lyon wegen einer Aktion des zivilen Ungehorsams im Jahr 2012 zu bis zu 2 Jahren Haft verurteilt worden sind.
Die TAV-Hochgeschwindigkeitsstrecke ist ein teures, extrem umweltschädliches Großprojekt, gegen das sich die große Mehrheit der örtlichen Bevölkerung (bis hin zu gewählten Bürgermeister*innen) schon seit vielen Jahren wehrt.
Am 3. März 2012 gab es eine spontane Demonstration auf der Autobahn Turin-Bardonecchia, bei der Mautstationen geöffnet wurden. Dadurch soll dem Autobahnbetreiber ein Schaden von 770 Euro entstanden sein. Wegen dieser Aktion wurden jetzt mehr als 7 Jahre später 12 Aktivist*innen zu diesen drakonischen Strafen verurteilt. Wir betrachten das Urteil als politisch motiviert, als einen weiteren Versuch, diese legitime Bewegung durch hohe Strafen einzuschüchtern und zu demoralisieren.
Wir sind zuversichtlich, dass dies nicht gelingen wird. Wir drücken unsere besondere Hochachtung der bekannten 73-jährigen Aktivistin Nicoletta Dosio aus, die zu einem Jahr Gefängnis verurteilt wurde und es abgelehnt hat, die Umwandlung der Freiheitsstrafe in eine andere Strafe zu beantragen, weil dies einem Schuldeingeständnis gleichkäme. Die Parole der No-Tav-Bewegung lautet sei vielen Jahren „A sarà düra!“ (Piemontesisch für „Es wird hart“). Die Bereitschaft von Nicoletta Dosio, für ihre Überzeugung ins Gefängnis zu gehen, zeigt, dass diese Entschlossenheit nach vielen Jahren des Kampfes und auch von Niederlagen lebendig ist.
Wir fordern die Aufhebung der Urteile gegen Nicoletta Dosio und die anderen Aktivist*innen!
Wir fordern die endgültige Einstellung des Baus der Hochgeschwindigkeitsstrecke Turin-Lyon!
A sarà düra!

Provisorische Übersetzung eines Artikels der italienischen Presse (https://www.futura.news/2019/11/11/nicoletta-dosio-lattivista-no-tav-sceglie-il-carcere/)
„Nicoletta Dosio, die No-Tav-Aktivistin wählt Gefängnis
Nicoletta Dosio wird nicht aufhören zu kämpfen. „Wenn ich ins Gefängnis komme, werde ich dort andere Leute finden, mit denen ich den Kampf fortsetzen kann. Das Gefängnis ist mehr denn je zu einem Ort der politischen und sozialen Kontrolle geworden, und ich werde Gefährten des Kampfes, des Lebens und der Hoffnung finden“. Das hat die No-Tav-Aktivistin auf der Pressekonferenz gesagt, die von der Anti-Hochgeschwindigkeitsbewegung heute Morgen, am 11. November, vor dem Gericht von Turin organisiert wurde.
Heute läuft in der Tat die Frist für die Beantragung alternativer Maßnahmen zur Inhaftierung der zwölf wegen privater Gewalt und Unterbrechung öffentlicher Dienstleistungen nach den Ereignissen vom 3. März 2012 dauerhaft verurteilten Personen ab.
An diesem Tag hatte Nicoletta Dosio zusammen mit anderen No Tavlern eine Demonstration auf der Autobahn Turin-Bardonecchia improvisiert, die die Mautstellen öffnete und 770 Euro Schaden für die Autobahngesellschaft verursachte. Und vor einigen Wochen wurde sie zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, die sie beschloss, im Gefängnis abzusitzen.
„Um alternative Maßnahmen zu bitten, würde bedeuten, meine Schuld zuzugeben – so die 73-jährige Aktivistin weiter – aber es tut mir nicht leid, was ich getan habe. Wir kämpfen für unsere nackte Existenz und für die Gesellschaft, die dieser Kampf im Tal wieder zum Leben erweckt hat. Das Gefängnis ist per Definition ein Ort der Bestrafung und nicht des Lösegeldes. Wir alle haben einige Ängste vor Bestrafung, aber stärker ist die Wut und Empörung über diese Ungerechtigkeit.“
Die Anwälte Valentina Colletta und Emanuele D’Amico waren ebenfalls anwesend. „Es war eine sehr schwere Strafe – sagten sie -. In der Regel beträgt die Strafe in diesen Fällen 15 Tage, aber für alle Angeklagten wurden zwei bis drei Jahre ohne Bewährungsstrafe beantragt. Es gab auch keine Gewalt oder private Bedrohung, wie die Staatsanwaltschaft behauptet. Dies zeigt, wie die Behandlung von No TAVlern erfolgt.
Die Bewegung gegen Turin-Lyon macht auch bekannt, dass sie den Kampf nicht beenden wird. „Letzten 8. Dezember füllten wir Turin nach den Pro-TAV-Demonstrationen, aber heute existiert nichts mehr davon, während wir den Kampf fortsetzen. Heute ist es wichtig, dass wir den von den Urteilen betroffenen No TAVlern nahe sind“, erklärte Emanuele Rizzo, NoTav-Exponent und Askatasuna-Chef.““

Links zu verschiedenen deutschsprachigen/ins Deutsche übersetzten Texten zur No-Tav-Bewegung: https://stuttgart21ueberall.wordpress.com/category/no-tav-susatal/