Bericht von der Sitzung des Parteivorstandes vom 22. Oktober 2016

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1. Die Sitzung des Parteivorstandes wurde auf einen Tag verkürzt und größere Debatten im Kontext der Wahlstrategie fanden nicht wie geplant statt, sondern wurden auf Dezember verschoben. Die Sitzung war schlecht besucht (insgesamt weniger als 30 der gewählten 44 Mitglieder).

2. Unter dem TOP „Aktuelles“ wurden vor allem Folgendes diskutiert

  • Die Debatten über „Rot-Rot-Grün“
  • Der Streit um CETA und die Haltung der Regierung in Wallonien
  • Die Sitzung der Europäischen Linken zur Frage des neuen Vorsitzenden
  • Solidarität mit dem Bildungsstreik im spanischen Staat
  • Kritik an der Überwachung der LINKEN durch den Verfassungsschutz in Thüringen
  • Kritik an der geplanten Abschiebung nach Afghanistan
  • Angesprochen wurde zudem der Stand der Kampagne 100.000 Pflegestellen und das Berufsverbot für Kerem Schamberger

Der Parteivorstand verabschiedete einen Protest wegen der Überwachung durch den Verfassungsschutz in Thüringen. Ein ursprünglicher Text-Entwurf von Johanna Scheringer-Wright wurde in leicht veränderter Fassung angenommen.

Der Parteivorstand verabschiedete eine Solidaritätserklärung mit den streikenden SchülerInnen und Studierenden im spanischen Staat am 26.10. und nahm den entsprechenden Antrag der AKL-GenossInnen einmütig an.

Der Parteivorstand solidarisierte sich mit einer Foto-Aktion mit der Regierung der Wallonie beim Protest gegen CETA.

Der Parteivorstand nahm einmütig eine Resolution auf Antrag von Arne Brix und anderen gegen Abschiebungen nach Afghanistan an: „Menschen in Not muss geholfen werden, ohne Wenn und Aber. Es darf daher keine Abschiebungen nach Afghanistan geben! Die Bundesregierung soll sich stattdessen dafür einsetzen, dass die EU einen umfassenden Aktionsplan für die wirksame Bekämpfung der Fluchtursachen vorlegt.“

Die ausführlichste Debatte drehte sich um die neuesten Ereignisse rund ums Thema „Rot-Rot-Grün“. Die Mit-InitiatorInnen des Parlamentariertreffens von je 20-30 Abgeordneten der LINKEN, der SPD und der Grünen berichteten sehr angetan von dem Treffen und kündigten weitere und konkretere Treffen dieser Art an.

Die meisten DiskutantInnen stellten zwar nicht das Recht der LINKEN-VertreterInnen in Abrede, sich zu Gesprächen mit anderen ParteivertreterInnen zu treffen, hielten das konkrete Treffen allerdings für nicht gerade hilfreich. In einer Zeit, wo die SPD gerade CETA und wahrscheinlich dann auch wieder TTIP durchboxen will, in Sachen Leiharbeit, Renten und Bundesnachrichendienst erneut skandalöse Gesetzte beschließt bzw. anleiert, wo die Grünen sich in Sachen Vermögenssteuer nach Rechts verabschieden und vor allem in einer Zeit, in der sich die Parteien auf einen eigenständigen Wahlkampf vorbereiten, sind solche Treffen mit einer Regierungspartei schädlich. Viele monierten, dass auf diesem Treffen nur schöner Schein zelebriert wurde und sowohl gemeinsame Inhalte als auch die trennenden Inhalte keine Rolle spielten. Mehrere kritisierten, dass ein Treffen von 20 LINKE-MdBs mit medialer Begleitung (während im Parteivorstand die Debatte zur Wahlstrategie noch nicht abgeschlossen ist) nicht mehr den Charakter eines informellen Treffens hat, sondern nach außen wie ein offizielles Treffen wirkt. Thies Gleiss argumentierte, das ein auf diese ungeschickte Weise vorangetriebenes R2G Projekt zum Scheitern verurteilt sei.

3.In zwei Informationspunkten wurde der Parteivorstand vom Schatzmeister bzw. von Axel Troost auf den neuen Finanzplan 2017, und über den Stand der Debatten zu einem neuen Steuerkonzept der LINKEN informiert.

Der Finanzplan wird im Februar verabschiedet. Er enthält nach erstem Überblick keine großen Streitpunkte.

Zum Steuerkonzept lag dem PV ein erneut überarbeitetes Papier des entsprechenden Arbeitskreises vor. Es wurde in einer ersten Runde diskutiert.

Die Debatte über das Steuerkonzept wird im Zuge der Debatten über das Wahlprogramm fortgesetzt.

Strittig sind an dem Konzept zur Steuer immer die gleichen Dinge (die aber nicht alle in der Debatte im Parteivorstand diesmal benannt wurden):

a) Es gibt hard core KritikerInnen, die vor allem die Einbettung in ein generelles Konzept des Kampfes gegen die bestehenden Eigentumsverhältnisse vermissen (inklusive Debatte über Senkung der indirekten Steuern, Vergesellschaftung der Produktionsmittel, Aufbau eines planwirtschaftlichen Gemeinwirtschaftssektors usw.)

b) Es gibt die Kritiker an der Zielsetzung des Steuerkonzeptes. Axel Troost und die meisten anderen gehen davon aus, dass das „linke Steuermodell“ aufkommensneutral sein muss und lediglich immanent gerechter strukturiert sein sollte. Andere sagen, unser Steuermodell muss deutlich mehr Kohle für den Staatshaushalt generieren.

c) Es gibt die immanente Kritik an einzelnen Punkten im jetzt vorgeschlagenen Steuermodell. Da sind vor allem die Punkte des Spitzengrenzeinkommens von 66.000 Euro im Gespräch, weil einige Ingenieure und SpitzenlohnarbeiterInnen mehr als 66.000 Euro zu versteuerndes Einkommen im Jahr verdienen und dennoch politisch zur Mittelklasse zählen. Und es gibt die Kritik an der ersten Sprungstelle in unserem jetzt vorgeschlagenen Modell (von 14.000 auf 21.000 Euro, die mehreren zu rabiat erschien. Axel Troost hielt dagegen, dass eine konsequent lineare Kurve „viel zu teuer werden würde“)

Einige kritisieren auch die 12.600,- bzw. 14.000 Euro Untergrenze (kommt aus 12 x 1050,- plus x zustande) als zu niedrig. 

Zudem gibt es die Kritik, dass die 75%-Besteuerung ab einer Million Euro wegfällt (die im letzten Steuerkonzept noch enthalten war).

4. Zum Thema Bundestagswahl drehten sich die Debatten um den Stand der Wahlprogramm-Erstellung, um die Frage der SpitzenkandidatInnen und um die Bestätigung der Ernennung von Matthias Höhn zum Wahlkampfleiter.

Das Wahlprogramm wird zurzeit von „ExpertInnen“ der Fraktion im Bundestag und der Parteizentrale geschrieben. Es wurde kritisiert, dass die Fachleute aus dem PV, die nicht gleichzeitig zu diesen Kreisen gehören, nicht genügend einbezogen wurden. Das soll sich jetzt ändern. Es bleibt dabei, dass zur Sitzung des PV im Dezember ein erster Entwurf für eine erste Debatte und in den vorgesehenen Fristen vorgelegt werden wird.

Die Debatte über die SpitzenkandidatInnen arbeitete sich in erster Linie an der Kritik von Seiten der AKL ab, die davon ausging, dass eine Partei von Art und Größe der LINKEN erstens keine SpitzenkandidatInnen benötigt und zweitens, wenn sie denn festgelegt werden sollten, eine solche Festlegung in den Ländern im Rahmen der Aufstellung der Landeslisten erfolgen müsste.

Die Parteivorsitzenden und vor allem der Geschäftsführer verteidigten dagegen mit viel Pathos die Notwendigkeit der LINKEN, sich den von den Medien erzeugtem Erwartungsdruck nicht zu entziehen oder sich entziehen zu können. Deshalb müsste die Entscheidung über eine Spitzenkandidatur unabhängig von Programmdiskussion und den Wahlen zu den Landeslisten spätestens Anfang Januar erfolgen.

Ein Antrag von Lucy Redler, die SpitzenkandidatInnen, wenn überhaupt, erst nach deren offiziellen Nominierung auf den Vertreterversammlungen in den Ländern, also frühestens Ende April 2017, zu benennen, wurde mit Mehrheit bei vier Fürstimmen abgelehnt. Wir halten diesen Beschluss für einen politischen Skandal.

Der im April vom vorhergehenden Parteivorstand ins Amt berufene Wahlkampfleiter, Matthias Höhn, bat darum, dass der jetzige, neue Vorstand diese Berufung bestätigen solle. Nach längerer Debatte, wurde ein entsprechender Antrag, bei einigen Enthaltungen und ohne Gegenstimme angenommen.

5.

Es wurden einige Einzelanträge und Anträge, die vom Parteitag überwiesen wurden, behandelt.

  • Der Antrag G7 vom Parteitag (Mindestlohn auch für im Strafvollzug Inhaftierte) wurde einmütig angenommen.
  • Die Stellungnahme der Koordinierungsgruppe Mitgliederentwicklung zum Antrag P9 des Parteitags (Mitgliederwerbung) wurde zur Kenntnis genommen.
  • Konzept und Finanzplan für die Jahresauftaktversammlung der LINKEN 2017 wurde angenommen.
  • Konzept und Finanzplan des Clara-Zetkin-Preises 2017 wurde mit dem Hinweis, noch einmal über die geplante Location der Verleihung nachzudenken, einmütig angenommen.
  • Die Vorlage zur Mitgliederentwicklung 3.Quartal 2016 wurde zur Kenntnis genommen.
  • Die Aufstellung zur Auslastung des Finanzplanes 2016 wurde zur Kenntnis genommen.
  • Der Antrag von Lucy Redler und Thies Gleiss zur Bundespräsidentenwahl wurde von dieser Sitzung zurückgezogen und wird zur nächsten Sitzung erneut gestellt.

Der Antrag zur Bundespräsidentenwahl sah vor, dass die LINKE sich für die Abschaffung des Amtes des Bundespräsidenten einsetzen sollte und dass, falls dies nicht realisiert werden könne, die LINKE eine eigene unsere Positionen vertretende Kandidatin aufstellen solle. Aufgrund der Wichtigkeit des Themas und der Kürze der Zeit entschlossen sich die AntragsstellerInnen, ihren Antrag für diese Sitzung zurückzuziehen und ihn auf der nächsten Sitzung erneut einzubringen.

24.10.2016, Thies Gleiss und Lucy Redler (BundessprecherInnen der AKL im Parteivorstand)