Für eine kämpferische Kommunalpolitik

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Glaubwürdigkeit im Kampf gegen das Kaputtsparen lässt sich nur erreichen, wenn DIE LINKE keine „milden“ oder „gerechten“ Kürzungen mitträgt, sondern ihre Vorstellung von einer alternativen Kommunalpolitik in der Praxis beweist. Text als PDF zum Download

Vor Ort setzen sich Menschen für ihre unmittelbaren Interessen ein, für den Erhalt von sozialen, kulturellen und sportlichen Dienstleistungen seitens der Kommune. Für den Bau von bezahlbaren Wohnungen, gegen die Verdrängung ärmerer Schichten aus den Innenstädten.
Auf lokaler Ebene wird auch um die Frage gerungen, ob Flüchtlinge menschenwürdig untergebracht oder in Massenunterkünften zusammengedrängt werden.
Vor Ort werden Verteilungskämpfe ausgefochten: Wer bezahlt die kommunale Infrastruktur mit Steuern, Gebühren, Abgaben, Elternbeiträgen und Eintrittspreisen?
Im kommunalen Rahmen wird auch um die Zukunft gerungen: Wie wollen wir zusammen leben, wessen Interessen bestimmen die sogenannte „Stadt –oder Gemeindeentwicklung“?
Auch die Auseinandersetzung mit „Rechtspopulisten“ und Faschisten beginnt lokal. Oft docken diese ihre Hetze an konkrete Probleme in den Stadtteilen an, mit denen die Menschen dort konfrontiert sind. Der Kampf um die Köpfe gegen die Rechten ist auch ein kommunaler Kampf.
Auch die Gegenspieler sind bekannt: Kürzungen bei den Jugendzentren oder in der Seniorenbetreuung, Schließungen von Schwimmbädern oder die Erhöhung der Kita-Elternbeiträge werden nicht in Brüssel oder Berlin beschlossen, nicht von scheinbar anonymen Mächten, sondern von den kommunalen Abgeordneten der etablierten Parteien, die sich auch vor Ort überwiegend den Interessen der Wirtschaftsverbände und Immobiliengruppen unterordnen.
Die Kommunalpolitik ist und bleibt daher ein zentrales Politikfeld für alle Linken, die sich inmitten der Bevölkerung verankern, die eine neue Linke von unten aufbauen wollen.
Gleichzeitig erscheint die offizielle Kommunalpolitik vielen Menschen als nicht beeinflussbar. Die kommunale Selbstbestimmung und Demokratie sind durch die Umverteilungspolitik der letzten Jahrzehnte untergraben worden. Immer mehr Aufgaben wurden den Kommunen aufgebürdet, zusätzliche Finanzmittel haben sie nicht in entsprechendem Maße erhalten. Die Kommunen mussten bluten für Steuererleichterungen für die Besitzenden, die alle Koalitionen von Kohl über Schröder bis Merkel vorangetrieben haben.
Die Hartz-Gesetze sollten angeblich zu einer Entlastung der Kommunen führen, doch wie PDS und WASG schon 2004 warnten, führten sie zu einer zusätzlichen Belastung der Städte und Gemeinden.
In vielen Kommunen gestalten die Stadträte überhaupt nichts mehr, sondern exekutieren „Sachzwänge“ unter Druck von Bund und Ländern. In fast allen Bundesländern unterliegen viele Städte und Gemeinden dem „Nothaushalt“ und haben offiziell die Souveränität über ihre Haushalte verloren. Aber auch Kommunen ohne „Nothaushalt“ oder „Haushaltssicherungskonzept“ betreiben im verzweifelten Versuch, nicht in diese Maßnahmen zu rutschen, eine Sachzwang-Politik, die auf ein Verschließen bzw. Kaputtkürzen der kommunalen Infrastruktur hinaus läuft.
Der Verzicht auf wirkliche Politik, das reine Herunterreichen von Verschlechterungen, die von höheren Ebenen auf die Kommunen herunter regnen, hat dazu geführt, dass sich viele Bürger*innen von der Kommunalpolitik abgewandt haben. Die Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen bewegt sich bundesweit Richtung 50%, in manchen Bundesländern und ländlichen Regionen liegt sie bereits darunter. Auffällig ist vor allem, dass die Unterschiede zwischen den eher bürgerlich geprägten und den ärmeren Stadtteilen der Großstädte immer größer werden. Während in den Vororten mit hohen Einkommen sich rund 60 – 70% an Wahlen für die Kommunalparlamente beteiligen, gehen in vielen Landkreisen, proletarischen Vierteln mit hoher Erwerbslosigkeit und den Dörfern oft nur 20 – 30% der Wahlberechtigten zur Wahl.
Auch unserer Partei gelingt es oft nicht, Wählerinnen und Wähler, die bei der Bundestagswahl für uns stimmen, zur Stimmabgabe bei den Kommunalwahlen zu bewegen.
Diese Passivität beschränkt sich nicht auf die Wahlebene allein. In den letzten Jahren ist festzustellen, dass viele örtliche Kampagnen z.B. gegen Großprojekte oder ökologisch bedenkliche Eingriffe v.a. von akademisch gebildeten Schichten getragen werden, während es in ärmeren Stadtteilen und den ländlichen Regionen schwer ist, die Selbstorganisation für die eigenen Interessen zu befördern.
Viele Menschen mit geringen Einkommen haben sich aus der politischen Auseinandersetzung auf der kommunalen Ebene zurückgezogen. Nicht, weil sie zufrieden sind mit den Verhältnissen, sondern weil sie keine Ansätze sehen, per Wahlen oder Selbstaktivität etwas verändern zu können.
Hier muss die LINKE ansetzen und helfen, Themen zu besetzen und Strukturen zu entwickeln, um eine neue Einheit der Lohnabhängigen auf lokaler Ebene zu schaffen, um sowohl die Prekarisierten, die Verarmten als auch die besser entlohnten und gebildeten Schichten der arbeitenden Bevölkerung im Kampf um eine Verbesserung der elementaren Interessen zu vereinen.
Linke Kommunalpolitik darf sich dabei nicht auf die offizielle Politik in den Kommunalvertretungen und Gremien beschränken. Mehr noch: Diese sollte nicht im Mittelpunkt der linken Kommunalpolitik stehen und nicht den Rhythmus der örtlichen Arbeit vorgeben.
Linke Kommunalpolitik definiert die Kommune als Bezugsrahmen. Dieser umfasst alle lokalen Themen und Auseinandersetzungen, unabhängig davon, ob diese sich auch im Stadt- oder Gemeinderat wiederfinden.
Die Basis der linken Kommunalpolitik muss die Verankerung der Partei und die Verbreitung linker Ideen in den sozialen Bewegungen sein, das Befördern von Widerstand und Selbstorganisation.
Die Ebene der offiziellen Politik, der Vertretung in den Räten von Städten und Gemeinden, ist keineswegs nebensächlich. Sie ist eine wichtige Ergänzung zur lokalen Basisarbeit. In vielen Fällen können wir gerade durch die Kombination aus Mobilisierung und Arbeit in den politischen Gremien Druck erzeugen und Veränderungen bewirken. In vielen Fällen werden die etablierten Parteien möglicherweise erst dann von geplanten Verschlechterungen ablassen, wenn ihnen neben dem Protest auf der Straße auch Verluste bei den Wahlen drohen.
Insofern ist die Arbeit in den Kommunalvertretungen und sind die kommunalen Wahlkämpfe wichtig, aber sie sind keineswegs der Dreh- und Angelpunkt der linken Aufbauarbeit vor Ort.
DIE LINKE hat – mittlerweile auch in den Westländern, aber vor allem in den fünf jüngsten Bundesländern – große politische Erfolge auf der kommunalen Ebene. Tausende Mitglieder und Unterstützer*innen der Partei sind in Gremien und kommunalen Parlamenten als gewählte Vertreter*innen oder als Beschäftigte rund um die Uhr engagiert. Das ist gut so und die Basis für nachhaltiges politisches Vertrauen in DIE LINKE. Aber wie jeder Erfolg hat auch dies eine Schattenseite, hat Faktoren hervorgebracht, die am politischen Selbstverständnis der LINKEN zehren und ihre Glaubwürdigkeit schmälern. Menschen erleben auch finanzielle und moralische Abhängigkeiten durch kommunale Ämter. Oft wird das Parteileben diesen Ämtern und Strukturen untergeordnet. Es mehren sich scheinbar unendliche Amtszeiten und Ämterhäufung. All das ist das Gegenteil von wirklicher kommunaler partizipativer und solidarischer Politik und steht im Gegensatz zum Selbstverständnis der LINKEN.
Alle demokratischen und linken Parteien überall auf der Welt haben diese Erfahrung der „Dialektik der partiellen Errungenschaften“ erlebt. Es gibt viele praktische und politische Ideen und Vorschläge, wie diese Tendenzen zur Erstarrung im Erreichten und zur bürokratischen Verteidigung partieller Privilegien bekämpft und abgebremst werden können. In vielen anderen linken Parteien wurden oder werden sie auch in der Praxis angewendet: Befristung aller Ämter, Verbot von Ämterhäufung, Ausbau von Genderdemokratie und von Rechten für politische Minderheitsströmungen. Rotation in Leitungsämtern und generell flache bis gar keine Hierarchien, auch gegenüber hauptamtlich Beschäftigten bei Partei oder Fraktionen. Niemand darf sich an der politischen Arbeit bereichern oder persönliche Privilegien aufbauen.
Die Mechanismen müssen auch durch Regelungen in Satzungen und Geschäftsordnungen angestoßen und abgesichert werden. Die wichtigste Sache ist und bleibt aber die politische Einbettung der Arbeit in Gremien und Parlamenten und die im positiven Sinne verstandene, demokratische „Kontrolle“ der Partei.
Wird all dies berücksichtigt, dann kann aus der kommunalen Arbeit eine politisch die Zukunft bereitende „kommunistische“ oder sozialistische Arbeit der Partei werden. Das also, was in den deutschen Kommunen so bitter fehlt.

Sparpolitik stoppen – Sachzwänge nicht akzeptieren
Es muss „gespart“ werden. Das hören wir in unseren Kommunen genauso wie die Menschen in Athen oder Madrid. „Gespart“ wird bei der öffentlichen Infrastruktur. Energie, Verkehr, Sport und Freizeit werden teurer. Schulen und Kitas werden nicht ausreichend ausgebaut. Die Situation auf dem Wohnungsmarkt wird in vielen Städten zunehmend unerträglich. Bundesweit fehlen über 400.000 bis 500.000 bezahlbare Wohnungen.
In Südeuropa werden ganze Länder kaputt gekürzt, in Deutschland die Kommunen. Wir wollen ein Ende dieser „Sparpolitik“, wir wollen öffentliche Investitionen z.B. in den Wohnungsbau, die Bildung und den öffentlichen Nahverkehr.
Auch viele Bürgermeister*innen aus etablierten Parteien weisen zu Recht darauf hin, dass ihre Gemeinden strukturell unterfinanziert sind und aus eigener Kraft nicht aus Schuldenfalle und Kürzungsspirale herauskommen. Ihr Protest ist allerdings hilflos und zudem unglaubwürdig, denn sie machen vor Ort keine andere Politik, sondern geben die Kürzungen ungebremst nach unten weiter, exekutieren die Sachzwänge, die ihre Parteien auf höheren Ebenen erst geschaffen haben.
Gleichzeitig verschärfen die etablierten Parteien die Krise der Kommunen, indem sie auch dort, wo sie eigene Entscheidungsspielräume haben, die neoliberale Politik fortsetzen. Durch Privatisierung und ÖPP-Projekte (Öffentliche-private Partnerschaft) wird öffentliches Eigentum ausverkauft, um private Profite zu ermöglichen.
Viele große Bauprojekte führen nicht zur nachhaltigen Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Verbesserung der Lebensverhältnisse, sondern lediglich zu Gewinnen bei den Bauträgern und den Baufinanzierern oder sind reine Prestige- und Vorzeigeprojekte des jeweiligen kommunalen Establishments.
Wir wollen unsere Landkreise, Städte und Gemeinden nicht den Reichen und Wohlhabenden überlassen – die LINKE kämpft für ein Recht auf Stadt und Dorf für alle Menschen, die in ihnen leben.
Eine linke Kommunalpolitik geht von den Bedürfnissen der Menschen aus, nicht von den durch die bürgerliche Politik erzeugten Sachzwängen der leeren Kassen.
Die LINKE. reduziert ihre Vorschläge für die Umgestaltung der Kommunen nicht auf das aktuell haushälterisch „Machbare“, beschränkt sich nicht auf die Rettung der scheinbar „wichtigsten“ sozialen Errungenschaften und gibt die „weniger Wichtigen“ preis.
DIE LINKE. setzt sich zusammen mit den Betroffenen gegen jede Kürzung ein, gegen die steigende Belastung der Lohnabhängigen und Erwerbslosen durch Gebühren, Abgaben und Eintrittspreise. DIE LINKE. kämpft für eine massive Ausweitung der öffentlichen Investitionen und der öffentlichen Dienstleistungen.

Unsere Essentials linker Kommunalpolitik
DIE LINKE. steht für den Erhalt der vorhandenen sozialen, kulturellen, Verkehrs- und sportlichen Infrastruktur. Schließungen von Schwimmbädern, Jugendzentren, Senioren-Einrichtungen, Frauenhäusern und weiteren Projekten für Frauen und Mädchen, Krankenhäusern, Kindertagesstätten usw. lehnen wir ab. Dies gilt natürlich für die wachsenden Großstädte, aber auch für demografisch schrumpfende Regionen z.B. in den jungen Bundesländern, in denen der Teufelskreis aus schrumpfender Bevölkerung und Verschlechterung der Infrastruktur durchbrochen werden muss. DIE LINKE kämpft dagegen, dass Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge zunehmend in Familien verlagert werden und damit oftmals die Belastung von Frauen in der privaten Pflege und Kindererziehung erheblich erhöhen.
Wir wenden uns gegen die Privatisierung öffentlicher Betriebe sowie das Outsourcing von Dienstleistungen, sind gegen die Verkäufe von kommunalen Grundstücken und Waldflächen und setzen uns für die Re-Kommunalisierung bereits privatisierter Einrichtungen und Betriebe ein. Die Strukturen öffentlicher Unternehmen sind zu demokratisieren, privatrechtlich organisierte kommunale Unternehmen in die Struktur der öffentlichen Verwaltung zurückzuführen.
Wir fordern kommunale Investitionsprogramme zur Verbesserung von Standards bei Kinderbetreuung, Bildung, Gesundheit, Kultur, Verkehr und Soziales. Der Personalabbau bei den Städten und Gemeinden muss gestoppt, neues Personal eingestellt werden, auch um die Fremdvergabe von eigentlich öffentlichen Tätigkeiten zu reduzieren und neue Kompetenzen in der kommunalen Verwaltung und den öffentlichen Betrieben aufzubauen. Eine Arbeitszeitverkürzung in großen Schritten bei vollem Lohn- und Personalausgleich ist unsere Antwort auf Arbeitsverdichtung und Leistungsreduzierung. Unser Ziel ist die 30-Stunden-Woche.
In vielen Städten fehlen bezahlbare, bedarfsgerechte und barrierefreie Wohnungen in großem Maßstab. Nötig sind daher örtliche Programme zum Bau von günstigen, kommunalen Wohnungen ohne jede Befristung der garantierten Mieten. Der Wohnungsbau muss sich an bestehenden und zukünftigen Bedürfnissen eines inklusiven Zusammenlebens orientieren. Weiterhin sind in vielen Städten Maßnahmen zur Einschränkung von Luxussanierung, Umwandlung von Wohnraum in Hotels und Gewerbeflächen usw. durch großflächige Milieuschutzsatzungen nötig.
Öffentliche Flächen sind knapp und müssen von den Kommunen nachhaltig vorgehalten und nicht aus kurzfristigem Gewinninteresse an den Meistbietenden veräußert werden. Soziale Kriterien bei der Flächennutzung müssen zum Standard werden. Einen Verkauf städtischer Flächen an private Investoren lehnt die LINKE. ab, wenn gleichzeitig Flächen für den kommunalen Wohnungsbau gebraucht werden.
Bund, Länder und Gemeinden haben in den letzten Jahren versagt, eine ausreichende Anzahl von Wohnungen für die steigende Zahl an Flüchtlingen aus Kriegs- und Krisengebieten bereit zu stellen. Jetzt werden hektisch Sammelunterkünfte hochgezogen, die z.T. menschenunwürdig sind und auch das Konfliktpotenzial vergrößern. Diese Situation nutzen rassistische Gruppen aus, um Stimmung gegen die Flüchtlinge zu machen und die Menschen in den Stadtteilen und Gemeinden entlang nationaler und religiöser Linien gegeneinander aufzuhetzen. Wir wenden uns gegen diese Spaltung. DIE LINKE. lehnt die Unterbringung von Flüchtlingen in Heimen, Turnhallen, Hotels und Notunterkünften ab und fordert die Bereitstellung von bezahlbaren und guten Wohnungen für alle Flüchtlinge. Wir setzen uns dafür ein, dass für alle Flüchtlingskinder der Besuch von Kitas und Schulen garantiert werden kann.
Wir wenden uns gegen die steigende Belastung der lohnabhängigen und erwerbslosen Bevölkerung durch kommunale Steuern, Gebühren, Abgaben und Eintrittspreise und treten dafür ein, dass diese nicht stärker ansteigen dürfen als die durchschnittlichen Einkommen von Arbeitnehmer/innen, Rentner/innen, Studierenden und Erwerbslosen.
Bundesweit werden jährlich mehr als 300.000 Menschen mit einer Stromsperre belegt. Wir treten dafür ein, dass niemand im Dunkeln sitzen muss. Energie ist heute ein Grundbedürfnis. Wir wenden uns gegen weitere Erhöhungen bei den Energiekosten und fordern einen kostenlosen Sockelbetrag. Wir fordern den Verzicht auf Stromsperren durch die Energieversorger, allen voran durch die kommunalen Versorgungsbetriebe.
Wir fordern die Ersetzung von 1-Euro-Jobs und anderen Zwangsmaßnahmen bzw. öffentlich organisierten Armuts-Arbeit durch volle, tarifliche bezahlte und arbeitsrechtlich abgesicherte Arbeitsplätze. Diese Jobs sind durch sozialversicherungspflichtige, nach Tarif entlohnte Stellen zu ersetzen, die ausnahmslos aufstockende Hartz IV-Leistungen überflüssig machen. Die menschenverachtende Sanktionspraxis der Jobcenter muss in Form von Sanktionsmoratorien auf kommunaler Ebene ausgesetzt werden. Alle Kosten der Unterkunft müssen gezahlt werden, Zwangsumzüge lehnen wir ab.
Mit den Niedriglöhnen bei den Kommunen und im Umfeld städtischer Betriebe muss Schluss sein. Wir setzen uns dafür, dass der zu niedrige bundesweit gültige Mindestlohn von 8,50 Euro auf kommunaler Ebene erhöht wird und niemand bei den Städten und Gemeinden sowie den kommunalen Beteiligungsbetrieben weniger verdient als 10 Euro pro Stunde. Auftragsvergaben dürfen nur an externe Firmen erfolgen, welch einen Mindestlohn von 10 Euro pro Stunde zahlen. Dies ist ein erster Schritt in Richtung eines Mindestlohns von 12 Euro.
Immer mehr Eltern wollen ein Ende der Konkurrenz zwischen den Schularten und möchten einen Gesamtschulplatz für ihr Kind. DIE LINKE. fordert die Einrichtung neuer Gesamtschulen und die Zurückdrängung des ausgrenzenden dreigliedrigen Schulsystems, um das gemeinsame Lernen für alle Kinder zu befördern. Die Teilhabe an Bildung und gemeinsames Lernen für Alle ist das Ziel linker Bildungspolitik. Aber Inklusion ist nicht kostenlos zu haben. Sie muss unter Einbeziehung der beteiligten Lehrkräfte und ausreichendem Einsatz von geschulten Fachpersonal in einem geeigneten Lernumfeld stattfinden.
Die Garantie auf einen Betreuungsplatz für jedes Kind steht auf dem Papier. In der Realität fehlen jedoch Plätze und in vielen Kitas fehlt Personal für eine gute Betreuung der Kinder. Wir lehnen die von einigen Landesregierungen betriebene Absenkung der Qualitätsstandards in den Kitas ab und fordern stattdessen mehr Personal für die Kinderbetreuung. Die hohen Elternbeiträge sind eine Belastung für viele Familien und sind zu senken bzw. ganz abzuschaffen. Bildung und Kinderbetreuung sind öffentliche Aufgaben, die durch Steuergelder zu finanzieren sind. Ziel der LINKEN ist ein kostenfreier Betreuungsplatz für jedes Kind, ein bedarfsdeckendes Ganztagsangebot und ein Betreuungsschlüssel – wie sogar von der Bertelsmann Stiftung vorgeschlagen – von einer Erzieher*in für höchstens drei Kinder bei den unter Dreijährigen. Ab drei Jahren sollte der Personalschlüssel nicht schlechter als 1:7,5 sein. Um diese Personalschlüssel bundesweit anzupassen, sind 120.000 zusätzliche Erzieher*innen erforderlich. DIE LINKE unterstützt die Forderungen der Gewerkschaft ver.di für eine Aufwertung der Löhne der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst.
Wir treten für eine ortsnahe medizinische Versorgung der Bevölkerung ein. Krankenhäuser gehören in kommunale und nicht in private Hände. Wir lehnen Outsourcing und jede Form der Privatisierung ab und stehen für die Re-Kommunalisierung von Krankenhäusern. DIE LINKE unterstützt die Forderungen von ver.di an der Charité und in anderen Krankenhäusern nach tariflichen und gesetzlichen Regelungen für mehr Personal im Krankenhaus und bedarfsgerechte Quoten von Patient zu Pflegekraft. Bundesweit fehlen laut ver.di 162.000 Stellen in den Krankenhäusern, davon allein 70.000 in der Pflege.
DIE LINKE. streitet für den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs unter öffentlicher demokratischer Kontrolle und Einbeziehung der Beschäftigten, Nutzer*innen und Umweltverbänden. Der ÖPNV muss für alle bezahlbar und barrierefrei zugänglich sein. DIE LINKE. kämpft für eine Senkung der Fahrpreise mit dem Ziel eines Null-Tarifs im ÖPNV zur Senkung des motorisierten Individualverkehrs und der Verkehrsunfälle und als Beitrag zur Entwicklung einer ökologischen Stadt.
Wir setzen uns gegen eine Umgestaltung der Kommunen für die Interessen der Wohlhabenden und Reichen ein. Mit dem Slogan der „Stadtentwicklung“ werden heute v.a. die Zentren der Großstädte nach kommerziellen Interessen zugerichtet. Mieter*innen mit mittleren und geringen Einkommen werden verdrängt, nicht-kommerzielle Kultur- und Freizeitangebote verringert, Naherholung und Luftschneisen zugebaut, Bus- oder Straßenbahnlinien in ländlichen Regionen gestrichen, Plätze durch geschäftliche Interessen der Öffentlichkeit entzogen. DIE LINKE tritt für eine wirkliche Stadtentwicklung im Interesse der Bevölkerung ein, für das „Recht auf Stadt“ für alle sowie das Recht auf öffentliche Plätze und deren Nutzung ohne faktischen Konsumzwang. Stadt, Stadtteil- und Dorfentwicklung muss partizipativ, geschlechtergerecht und barrierefrei erfolgen.
DIE LINKE tritt für eine Ausweitung der kommunalen Demokratie ein: Für eine Senkung des aktiven und passiven Wahl- und Abstimmungsalters auf 16 Jahre sowie für das kommunale aktive und passive Wahlrecht für in der Bundesrepublik lebende Drittstaatsangehörige.
Auch bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden muss die Teilnahme von Migrantinnen und Migranten aus Nicht-EU-Staaten ermöglicht werden. Die Quoren zur Zulassung von Bürgerbegehren sind deutlich zu senken, Kostendeckungsvorschläge müssen als Anforderung an die Initiatoren entfallen, auf Ausschlusskataloge für direkte Demokratie soll verzichtet werden.
DIE LINKE steht dafür, dass politische Diskussions- und Entscheidungsprozesse grundsätzlich für die Teilnahme der Bevölkerung geöffnet werden. Beteiligungsverfahren müssen mittels gezielter persönlicher Ansprache vor Ort in Stadtteilbüros, Einwohnerversammlungen, in Vereinen usw. die unterschiedlichen Schichten der Kommune einbeziehen, barrierefrei und geschlechtergerecht sein. Das Petitionsrecht ist auf kommunaler Ebene zu stärken. Die LINKE. tritt für das Rederecht von Einwohnerinnen und Einwohner in den Sitzungen der kommunalen Vertretungen und Ausschusssitzungen ein. Stadt-, Gemeinde- und Ortsteilvertretungen sowie Beiräte müssen mit eigenen finanziellen Mittel ausgestattet werden.
Für eine finanzielle Besserstellung der Kommunen
Bund und das Land schieben immer mehr Aufgaben und die damit verbundenen Kosten auf die Kommunen ab. Gleichzeitig haben alle Regierungen von Kohl über Schröder bis Merkel die Steuern für die Reichen und die Konzerne gesenkt. Der Bund hat sich zudem aus der Finanzierung gesamtstaatlicher Aufgaben zurückgezogen. Der steigende Reichtum der Besitzenden und die Pleite der Kommunen sind zwei Seiten einer Medaille.
Die Kommunen können „sparen“ und kürzen, bis es knirscht, bis auch die letzten Jugendeinrichtungen und Bürgerhäuser aufgeben, bis in jeder Schule der Putz von der Decke rieselt – das wird in vielen Fällen nicht zur Stabilisierung des Haushaltes führen.
Die strukturelle Unterfinanzierung der Städte und Gemeinden führt dazu, dass diese nicht mehr aus eigener Kraft aus der Finanzklemme kommen. Geringfügige aktuelle Finanzierungsüberschüsse der kommunalen Ebene in Deutschland sind kein Grund zur Entwarnung. Die jahrzehntelangen aufgehäuften Defizite und die damit verbundene hohe Verschuldung werden dadurch nicht kompensiert. Vorübergehende positive Finanzentwicklungen sind zudem durch einen erheblichen Investitionsverzicht der Kommunen zulasten der Infrastruktur teuer erkauft. Die Schere zwischen armen und reichen Kommunen klafft weit auseinander.
140 Mrd. Euro kommunaler Schuldenbestand und über 50 Mrd. Euro kommunale Kassenkredite sind Beleg dafür, dass die strukturellen Ursachen der kommunalen Finanzkrise noch nicht beseitigt sind. Wir wollen deshalb eine umfassende Gemeindefinanzreform, die den Kommunen eine bessere und bedarfsgerechte Finanzausstattung garantiert. Ohne diese bleibt die kommunale Selbstverwaltung ein Instrument der Durchsetzung von sogenanntem alternativlosem Sozial- und Kulturabbau.
So sollte der Bund die gesamten Kosten der Unterkunft und der Eingliederungshilfe übernehmen. Die Gewerbesteuer muss zu einer Gemeindewirtschaftssteuer weiterentwickelt werden. Hierzu sollen ertragsunabhängige Elemente wie Mieten, Pachten, Leasingraten und Lizenzgebühren in voller Höhe in die Bemessungsbasis der Gewerbesteuer einbezogen sowie alle Schuldzinsen hinzugerechnet werden.
Die Gewerbesteuerumlage an den Bund ist umgehend, der Anteil an die Länder sukzessive abzuschaffen. Aus Bundesmitteln soll eine kommunale Investitionspauschale eingerichtet werden, die insbesondere bedarfsorientiert finanzschwachen Kommunen die Möglichkeit eröffnet, die „Verwaltung des Mangels“ zu beenden und wirtschafts- und beschäftigungspolitische Impulse zu setzen und folglich den bestehenden Investitionsstau gezielt abzubauen.
Ein konsequenter Steuervollzug in allen Ländern ist ebenso notwendig wie eine grundlegende sozial gerechte Steuerreform sowie eine einmalige Vermögensabgabe.
Der kommunale Anteil am Gesamtsteueraufkommen muss sich erhöhen. Alle Länder und Kommunen sind von Zinszahlungen zu entlasten; dies gewährleistet ein neu zu errichtender Altschuldenfonds. Zur Not müssen Kommunen ihre Kredittilgung an die Banken aussetzen oder einen Zinsstopp verhängen.
Allein das Umschichten der bisherigen Haushaltsmittel wird jedoch nicht reichen. Um die Kommunen in die Lage zu versetzen, ihre Dienstleistungen auszubauen und die benötigte Versorgung mit günstigen Wohnungen, Kinderbetreuung, Gesundheitsdienstleistungen und öffentlichem Nahverkehr sicherzustellen, ist eine Umverteilung von oben nach unten nötig. Zur Bereitstellung der notwendigen Investitionsmittel für die Kommunen fordern wir die steuerliche Belastung der Reichen durch eine Millionärssteuer von 5% auf alle Vermögen über eine Million Euro und eine stärkere progressive Besteuerung insgesamt.
Notwendig ist auch die Abschaffung der „Schuldenbremse“, denn deren gesetzlich festgelegte neoliberale Mechanismen üben einen verstärkten Druck auf die Bundesländer aus, Einsparungen nach unten, an die Städte und Gemeinden weiterzureichen.
Wir warten nicht ab: Kämpfe anstoßen – Selbstorganisation fördern
Ohne eine bedarfsgerechte Ausstattung der Kommunen durch Bund und Länder wird es keine Erholung der kommunalen Finanzen geben. Das heißt allerdings nicht, dass linke Kommunalpolitik darauf warten muss.
Die etablierten Parteien argumentieren, es gäbe keine Alternativen zur kommunalen Austeritätspolitik, solange eine bessere finanzielle Ausstattung nicht erreicht sei. Das ist falsch und es wäre fatal, wenn DIE LINKE. diese Argumentation übernehmen würde.
Es gibt in vielen Kommunen durchaus den Spielraum, mit einer anderen Kommunalpolitik zumindest anzufangen. Privatisierungen und ÖPP können zurück genommen werden, Prestigeprojekte gestoppt oder rückabgewickelt werden. Die Kosten für die Repräsentation der Bürgermeister und die hohen Bezüge der Geschäftsführer in privatrechtlich ausgegliederten kommunalen GmbH können offen gelegt und gesenkt werden. In vielen Fällen ist eine deutliche Erhöhung der Gewerbesteuer, im Idealfall gemeinsam mit den Nachbargemeinden, sinnvoll.
Der Kampf für eine andere Kommunalpolitik kann und muss vor Ort begonnen werden. Würde DIE LINKE ähnlich wie die Kommunalpolitiker der etablierten Parteien über die fehlenden Finanzmittel klagen, aber die Kürzungen lediglich weiterreichen, würde sie unglaubwürdig.
Linke Kommunalpolitiker/innen müssen es ablehnen, die geschaffenen Sachzwänge zu akzeptieren und ihr Handeln auf die von den etablierten bürgerlichen Parteien eng gesteckten Grenzen zu beschränken.
Glaubwürdigkeit im Kampf gegen das Kaputtsparen lässt sich nur erreichen, wenn DIE LINKE keine „milden“ oder „gerechten“ Kürzungen mitträgt, sondern ihre Vorstellung von einer alternativen Kommunalpolitik in der Praxis beweist.
Gerade die von Politik entfremdeten Menschen mit geringem Einkommen, die den Wahlen für die Kommunalvertretungen fernbleiben, lassen sich nur erreichen, wenn sie merken, dass DIE LINKE. nicht eine weitere Verwalterin der Alternativlosigkeit ist, sondern neue Lösungen vorschlägt und dafür gemeinsam mit den Menschen vor Ort streitet.
Die Umsetzung dieser Maßnahmen führen zu einem Konflikt mit den bürgerlichen Parteien und ist ohne Mobilisierung nicht durchsetzbar. Allein die Verteidigung des Bestehenden erfordert einen entschlossenen Kampf. Unsere linken Kommunalvertreter*innen können eine wichtige Rolle spielen, solche Kämpfe anzustoßen und bekannt zu machen. Die Förderung der Selbstaktivität von Betroffenen ist wichtig, um Erreichtes auch in Zukunft zu verteidigen und durchsetzungsstärker zu werden.
Gelingt es in einer Stadt durch Druck von unten Tausende von neuen Stellen zu schaffen, den Bau kommunaler bezahlbarer Wohnungen durchzusetzen, die Fahrpreise im Nahverkehr zu senken statt zu erhöhen, Kitas und Schulen zu bauen statt abzureißen, Privatisierungen zurückzunehmen, würde dies ein starkes Signal über die Grenze der eigenen Stadt senden. Unsere Koalitionspartner sind Menschen, die sich gegen Verdrängung zur Wehr setzen, Mieterinitiativen die für kommunalen Wohnungsbau eintreten, Pflegekräfte und Erzieher*innen, die mehr Personal erkämpfen wollen, Aktive gegen Prestigebauten und überteuerte Flughäfen und viele mehr, die eine andere lebenswerte Stadt wollen. Wenn die Selbstaktivität in solchen Kämpfen erhöht wird und die LINKE antikapitalistisches Bewusstsein befördert, verbessert das unsere Ausgangslage für den Widerstand zur grundlegenden Umwälzung der kapitalistischen Macht- und Eigentumsverhältnisse.

 

Dieser Text war ursprünglich ein Antrag zum LINKE-Bundesparteitag im Juni 2015 in Bielefeld.