Bericht von der Parteivorstandssitzung am 3./4.12.2016

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Die Sitzung umfasste eine interessante Debatte zu Aktuelles, eine kontroverse Diskussion zur Wahlstrategie, eine konstruktiv-erfrischende Programmdebatte und eine zugespitzte Auseinandersetzung über die Spitzenkandidaturen.

1. Aktuelles:

Nach einer Schweigeminute für Fidel Castro startete die Debatte zu Aktuelles. Themen waren: Politische Geschehnisse in Frankreich, Italien und den USA; die Rentenkampagne des DGB und die Forderungen der LINKEN; der r2g-Koalitionsvertrag in Berlin; die Bundespräsidentenwahlen; der Beschluss zum Bundes-Teilhabe-Gesetz und vieles mehr. Die wesentliche Debatte drehte sich um die Bewertung des Koalitionsvertrags in Berlin und den Aufruf der Partei- und Fraktionsvorsitzenden mit Ja zu stimmen. Während die AKL und einige andere gegen die Unterzeichnung des Koalitionsvertrags sind, sprachen sich im Parteivorstand nicht nur GenossInnen aus dem Reformerflügel dafür aus. Mehrere Genossinnen kritisierten den Aufruf der Vorsitzenden (Partei und Fraktion) mit Ja zu stimmen – sowohl aus inhaltlichen Gründen als auch aufgrund der Form der Einmischung.

Die Nichteinbeziehung des Parteivorstands bei der Bundespräsidentkandidaten-Kür wurde von vielen kritisiert.

Lucy schlug vor, am Tag der Amtseinführung von Trump am 20./21. Januar 2017 in allen Städten Proteste durch DIE LINKE mit zu initiieren. Gerade viele Jugendliche haben ein Bedürfnis gegen Trump, die AfD und Rassismus aktiv zu werden.

Anschließend gab es noch einen Bericht aus dem Bundesausschuss.

2. Wahlstrategie

Der geschäftsführende Parteivorstand/Matthias Höhn hatte eine veränderte Vorlage für die Wahlstrategie vorgelegt. Dieser zweite Entwurf war eine gewisse Verbesserung zum ersten Entwurf, den Matthias Höhn im Oktober eingereicht hatte (und der abgelehnt worden war). Er war aber immer noch langatmig, sehr parlamentarisch und auf r2g (jetzt zu Bedingungen) orientiert. Thies und Lucy brachten über vierzig Änderungsanträge schriftlich ein. Da das Verfahren stundenlang dauerte, waren wir nicht in der Lage, alle am Ende zur Abstimmung zu stellen. Wir wie auch andere GenossInnen, konnten einige Verbesserungen durchsetzen. Unsere Verbesserungen waren beispielsweise ein Absatz der die Eigentumsfrage klar benennt und die Verstaatlichung der Großbanken etc fordert, ein Satz zur Ablehnung aller Abschiebungen, die Aussage, dass die LINKE in Opposition zu den herrschenden Verhältnissen antritt etc. Leider fanden wir keine Mehrheit für unser Anliegen, dass die LINKE auch in Opposition zu allen anderen Parteien antritt. Mehrheitlich setzte sich ein Kurs „Weder Regierungs- noch Oppositionswahlkampf“ durch. Unsere Sorge ist, dass DIE LINKE mit dem beschlossenen Text Illusionen in die Veränderbarkeit der SPD schürt und sich im Wahlkampf davon abhängig machen wird, ob die SPD verbal links blinken wird. Thies und Lucy haben daher bei der Schlussabstimmung über die Gesamtstrategie mit Nein gestimmt. Insgesamt gab es fünf Nein-Stimmen und vier Enthaltungen.

Zu eurer Ermunterung können wir aber verkünden, dass wir einen Antrag zum Wettbewerb um die besten Slogans zu den Bundestagswahlen 2017 in der Mitgliedschaft durchsetzen konnten. Wie dieser Wettbewerb ausgestaltet wird, ist noch offen. Wir wollen, dass die besten Slogans im Parteivorstand oder Bundesausschuss prämiert werden, andere möchten, dass dies im Bundeswahlbüro passiert. An der Stelle werden wir nachlegen müssen.

3. Programmentwurf

Die Vorsitzenden und ihre MitarbeiterInnen haben einen Programmentwurf vorgelegt, der eine gute Grundlage für die weitere Debatte bildet (auch wenn er sehr lang ist). Er enthält viele zentrale Forderungen, Aussagen zum Kapitalismus und auch die Vorstellung einer sozialistischen Gesellschaft. Es wird sicher auch an diesem Entwurf noch von unserer Seite Veränderungsbedarf geben. Aber wie Thies in der Sitzung sagte, ist der Programmentwurf (sofern sich die Partei daran hält), keine Grundlage für eine Koalition mit SPD und Grünen. Die Vorsitzenden werden den Entwurf im Januar den Medien vorstellen, am 22./23. Januar wird der Parteivorstand einen offiziellen Entwurf verabschieden. (Ja, wir hätten uns auch ein anderes Prozedere bezüglich des Umgang mit den Medien gewünscht).

4. Spitzenkandidaturen

Zu diesem TOP waren achtzig GenossInnen anwesend (neben den Mitgliedern des Parteivorstands die Fraktionsvorsitzenden, viele Landesvorsitzende und GenossInnen aus dem Präsidium des Bundesausschusses). Die Debatte und das gesamte Prozedere waren eine Farce. Thies und Lucy hatten bereits bei der vorigen Sitzung im Oktober beantragt, dass erst die LandesvertreterInnenversammlungen zur Aufstellung der Landeslisten stattfinden müssen, bevor (und wenn überhaupt) der Parteivorstand SpitzenkandidatInnen nominiert. Das wurde mit großer Mehrheit im Oktober abgelehnt und war für uns schon Grund genug, jedem Beschluss zu dem Thema zu diesem Zeitpunkt unsere Zustimmung zu verweigern. Die weitere Debatte am vergangenen Sonntag war dann stark von selbstherrlichen Ultimaten und dem Versuch geprägt, die Partei (und ihre Vorsitzenden) den Wünschen der SpitzenkandidatInnen unterzuordnen. Verschiedene GenossInnen haben eindrücklich darauf verwiesen, dass die Entscheidungen bei der Partei liegen müssen. (Davon ist unberührt, die KandidatInnen in Diskussionen mit einzubeziehen.) Thies und Lucy haben ihre generelle Kritik am Gesamt-Prozedere nochmal deutlich zum Ausdruck gebracht.

Am Ende kam es zu einer Einigung zwischen den Vorsitzenden von Fraktion und Partei, die die Rolle der Partei nicht hoffnungslos degradierte. Alles weitere könnt ihr in der Presse nachlesen.

Am Ende gab es eine Gegenstimme (Thies) und vier Enthaltungen (Lucy und drei weitere GenossInnen aus verschiedenen Spektren).

Wir belassen es bei dieser Schilderung, obwohl deutlich mehr gesagt werden könnte. Sprecht uns an, wenn ihr mehr Informationen mündlich erhalten wollt.

5. Weitere Beschlüsse

– Für das politische Sekretariat der Europäischen Linken wurden nach kontroverser Diskussion Heinz Bierbaum nominiert. Das muss noch vom Bundesausschuss durch Wahl bestätigt werden.

– DIE LINKE unterstützt die G20 Proteste und wird zu einem späteren Zeitpunkt über die Beteiligung an den verschiedenen Aktionsformen beraten.

– Es wurde erfreulicherweise berichtet, dass derzeit alle zwei Wochen eine neue SDS Gruppe gegründet wird und es vor allem nach der Wahl von Trump einen Zulauf zum SDS und auch Solid gegeben hat (auch von mehr Arbeiterjugendlichen und Jugendlichen mit Migrationshintergrund)

– DIE LINKE unterstützt weitere Aktivitäten gegen TISA, Aufstehen gegen Rassismus, die Kampagne „Reichtum umverteilen – ein gerechtes Land für alle“ und lässt Geld auch für den Politischen Aschermittwoch in Bayern springen

– Das Fest der LINKEN (zum zehnjährigen Jubiläum der Partei) findet um den 17. Juni herum statt.

– DIE LINKE nimmt am Gedenken für Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht teil.

Thies Gleiss, Lucy Redler, 05.12.2016