DIE LINKE hat in Niedersachsen zugelegt – trotz Kaffeesatzleserei…

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Ein Kommentar von Rainer Beuthel.

 

Wahlen gelten als wichtige Indikatoren für die politische Stimmung im Land. Dies gilt auch für Kommunalwahlen, wobei man bei der Beurteilung der Wahlergebnis auf einen eigenartigen Widerspruch stößt: einerseits wird behauptet, die Wähler_innen vor Ort hätten sich in erster Linie weniger von allgemeinpolitischen bzw. parteipolitischen Stimmungen leiten lassen, sondern vom konkreten Handeln der Akteure in den Kommunen. Andererseits spielen bundespolitische Überlegungen auch dort eine wichtige Rolle. Denn wie soll man sich sonst erklären, daß Parteien oder andere Gruppierungen, die erstmals bei einer Kommunalwahl antreten, also über keine kommunalpolitische Erfahrung verfügen, aus dem Stand zweistellige Ergebnisse erzielen können wie die AfD bei der jüngsten Kommunalwahl in Niedersachsen?

Gerade Kommunalwahlen bieten den Medien reichlich Gelegenheit zu politischer Kaffeesatzleserei, um eine bestimmte Partei oder Wählerinitiative in gutes oder schlechtes Licht zu setzen, sich aus den Wahlergebnissen etwas herauszupicken, um eine bestimmte vorgefaßte These zu untermauern. Dies beginnt allerdings schon vor der Wahl. Beispielsweise wird seit Monaten in den Medien wie ein Mantra die These wiederholt, Die Afd habe DIE LINKE als „Protestpartei“ abgelöst, als gäbe es eine allgemeine Protesthaltung völlig unabhängig von konkreten politischen Inhalten und Zielen. Früher habe man aus Protest links gewählt. jetzt aber rechts, Hauptsache, man protestiert. Aber gegen was? Davon wird gerne geschwiegen. Es wird behauptet, daß die AfD ihre Stimmen vor allem von der LINKEN abzieht, dazu paßt dann der Umkehrschluß, Stimmenverluste der LINKEN seien allein auf das Erscheinen der AfD zurückzuführen. Seriöse Wahlanalysen kommen jedoch zu anderen Ergebnissen: die AfD mobilisiert hauptsächlich bisherige Nicht-Wähler_innen und zieht Stimmen bei allen anderen Parteien ab, so z.B. bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern.

Auch die jüngste Kommunalwahl in Niedersachsen hat gezeigt, daß die These von der engen Verbundenheit von „Protestwählern“ der AfD und der LINKEN Unsinn ist. Denn wie könnte man sonst erklären, daß dort wo die AfD erstmals angetreten ist und teilweise zweistellige Ergebnisse erzielen konnte, auch DIE LINKE zugelegt hat? Sieht man sich die Ergebnisse vor Ort nicht nur punktuell, sondern flächendeckend an, wird deutlich, daß es – abgesehen von einigen Verwirrten – keine nennenswerte Wählerwanderung von der LINKEN zur Afd gegeben haben kann. Verloren haben dagegen CDU, SPD und GRÜNE. Zugelegt haben AfD, FDP und LINKE. DIE LINKE hat ihren Stimmenanteil landesweit auf 3,3 % gesteigert (2011: 2,4%), konnte bei einzelnen Verlusten insgesamt deutlich hinzugewinnen. Ein Beispiel ist meine alte Heimatstadt Verden an der Aller. Hier konnte DIE LINKE die absolute Zahl ihrer Wähler_innen verdoppeln, von 607 (2011) auf 1257. Zwar ist die AfD hier nicht angetreten, aber ihr Ableger ALFA, der auf 1243 Stimmen kam. Die Piraten erhielten 644 Stimmen. DIE LINKE scheint also eine stabile Anhängerschaft zu haben, die sich vergrößert hat. Aufschlußreich und typisch für die Gesamtsituation bei dieser Wahl ist auch das Ergebnis der Kreistagswahl in Verden: DIE LINKE legte von 2,07 % auf 3,13 % zu, was nach Meinung der Beschwörer einer Verzahnung von AfD und LINKEN nicht hätte passieren können, denn die AfD erhielt erstmals 9,2 %.

Mein Eindruck ist: DIE LINKT hat u.a. deshalb zugelegt, weil sie in der Flüchtlingsfrage klar gegen die AfD Stellung bezogen hat. So soll es weitergehen.